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Vermutungen zwischen Wissen und Wolken

Eine Ausstellung über das Buch im Wandel – zwischen greifbarem Material, flüchtigem Wissen und neuen Bedeutungsräumen.

 

Bücher sind Träger von Wissen, Erinnerung und Sprache. Doch im digitalen Zeitalter verändert sich ihr Status: Was einst ein fester Block war – ein gebundenes Objekt mit klarer Ordnung – wird heute zunehmend immateriell. Lesen geschieht flüchtiger, Wissen wird geteilt, verlinkt, gespeichert in Wolken.

Die Ausstellung Vermutungen zwischen Wissen und Wolken nimmt diesen Wandel zum Ausgangspunkt und zeigt drei künstlerische Arbeiten, die aussortierte Bibliotheksbücher transformieren: Im freien Luftraum der Philologischen Bibliothek schwebt eine Skulptur, die ein Buch zeigt, das sich von seiner physischen Form löst. Es wächst über sich hinaus – als Symbol für Fantasie, Entgrenzung, für ein Wissen, das nicht nur festgehalten, sondern immer wieder neu gedacht wird.

Im ersten Stock füllen Interventionen leere Regale – einst Orte für geordnetes Wissen, nun Projektionsflächen für anderes Denken: Für Stimmen, die keinen festen Platz haben. Für Perspektiven, die sich zwischen den Zeilen entfalten. Die Leere wird zur Einladung, selbst weiterzulesen, zu ergänzen, zu vermuten.

Im Erdgeschoss verweist die Skulptur Andersbald auf eine Zukunft, die im Entstehen begriffen ist. Aus den Spuren vergangener Lektüren wächst etwas Neues – fragil, wandelbar, offen.

Im Untergeschoss zeigen sich Bücher in ihrer reinen Materialität – entleert von Inhalt, reduziert auf Form. Sie fügen sich zu einem scheinbar funktionalen Objekt, das an ein Möbelstück erinnert. Doch statt zu dienen, stellt es sich aus. Die Skulptur bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Dekoration und Kunst, zwischen praktischem Gebrauchsgegenstand und stiller Reflexion über das Buch als Objekt.

Alle Arbeiten greifen den Übergang vom Buch als abgeschlossenem Objekt zum offenen Denkraum auf. Sie machen sichtbar, wie stark Lesen mit Bewegung zu tun hat: mit Umwegen, Abschweifen, Assoziieren. Und sie stellen Fragen zur Nachhaltigkeit künstlerischer Praxis: Kein neues Material wurde verwendet – nur das, was schon da ist, aber anders gelesen werden kann.

So entsteht ein stiller Dialog zwischen Vergangenheit, Gegenwart und einer Lesepraxis von morgen – irgendwo zwischen Wissen und Wolken.

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